Waid (Isatis tinctoria) gehört zu den zweijährigen Pflanzen, d.h. im Jahr der Aussaat erscheinen nur die Blätter und erst im zweiten Jahr blüht die Pflanze. In der Färbeliteratur wird meist davon gesprochen, dass Waid im 2.Jahr keinen oder nur noch wenig Farbstoff enthält. Leena und Helen haben es trotzdem versucht, der Pflanze Farbe zu entlocken … mit unterschiedlichem Erfolg. Das hat auch mir keine Ruhe gelassen und ich habe meinem in voller Blüte stehenden Waid vom Vorjahr ein paar Blätter zu Versuchszwecken stiebitzt.
Die Blätter habe ich klein geschnitten und mit kochendem Wasser übergossen:
nach 2 Stunden hatte sich das Wasser dunkel verfärbt
die Blätter habe ich abgesiebt*, die Flüssigkeit wieder auf 50°C erhitzt und 2 Teelöffel Waschsoda hinzugefügt. Dadurch färbte sich die Flüssigkeit dunkelgrün-braun. Mit einem alten Mixer habe ich möglichst viel Luft untergeschlagen, so dass sich Schaum bildete, der sich blau verfärbte.
Nachdem sich der Schaum gesetzt hatte, habe ich einen Teelöffel voll Natriumhydrosulfit eingestreut und gewartet, bis sich die Farbbrühe in eine klare gelbe Flüssigkeit verwandelt hatte. Dahinein habe ich die ungebeizten Probestränge eingelegt und einige Zeit ziehen lassen.
Beim Herausnehmen schlug das Gelb durch den Kontakt mit der Luft in Blau um.
Je öfter ich den Vorgang wiederholt habe, desto dunkler wurde der Farbton.
Parallel dazu habe ich einige Stränge der mit Rhababerblättern vorgebeizten Wolle im selben Farbbad gefärbt – auch hier vertiefte sich die Farbe mit jedem neuen Tauchgang.
*Um den Blättern alles zu entlocken, was sie an Farbe hergeben, habe ich dann noch die anfangs abgesiebten Blätter in Wasser aufgekocht und diese schwachen Farbtöne erhalten:
Und weil der Waid so üppig blüht und ich wieder reichlich Saat erwarten kann, konnte ich nach den Blättern auch noch einen Versuch mit den Blüten machen:
Die Farben sind zwar nicht so spektakulär wie die Blautöne aus den Blättern – aber ich finde sie trotzdem schön …
Sieht das nicht aus wie ein riesiges Waidfeld? Es handelt sich hier jedoch um Raps, der wie der Waid zur Familie der Kreuzblütengewächse gehört und der in den letzten Wochen so wunderschön hier bei uns in der Marsch geblüht hat.